23.05. Nuit Debout und die Demokratie der Plätze

Der Platz als Politisierungsfeld? Nuit Debout und die Demokratie der Plätze

13244637_516203628565454_6993195491186094266_n

Vortrag und Diskussion
Montag 23.05. 2016 | 19:30 – 21:15 | Uni Köln, Hauptgebäude Hörsaal V

Veranstaltung bei Facebook:

https://www.facebook.com/events/254210098267277/

Ausgehend von Protesten gegen die neoliberale Arbeitsrechtsreform, ist

in Frankreich seit dem 31. März eine soziale Bewegung der Plätze

gewachsen. Ihr Widerstand richtet sich gegen neoliberale

Austeritätspolitik und undemokratische Verhältnisse in der Republik.

Während die Regierung die neoliberalen Umstrukturierung des

Arbeitsmarktes gegen die Widerstände im Parlament per

Notstandsverordnungen auf den Weg gebracht hat, entsteht – fünf Jahre

nach dem arabischen Frühling und der spanischen #15M-Bewegung – auf den

Plätzen eine Kollektivität, die Vereinzelung überwindet und sich nicht

in einem vorstrukturierten Politikbetrieb erschöpft, sondern darüber

hinaus Grenzen überwindet.

Mehr als 100.000 Menschen in über 60 Städten tragen diesen auf die

Straße und produzieren Abend für Abend ein großes basisdemokratisches

Diskussionsforum, in dessen Rahmen auch über Mietsteigerungen,

Homophobie oder antimuslimischen Rassismus gesprochen wird. Hierzu

werden öffentliche Plätze, Schulen und Universitäten besetzt. Wo sich am

Anfang noch das pure – sich seiner z.T. selbst nicht bewusste –

demokratische Aufbegehren manifestierte, hat sich inzwischen ein Prozess

entwickelt, in dem um ökologische, antikapitalistische, feministische,

postkoloniale Inhalte gerungen wird.

Dieser Prozess ist nicht frei von Widersprüchen. Wo er Menschen zum

ersten Mal mit kollektiven demokratischen Prozessen in Berührung bringt,

bietet er zugleich Alterfahrenen eine Bühne zur Reproduktion des immer

Gleichen. Das Elend und die verrohte Subjektivität der

Mehrheitsgesellschaft schlagen auf den Platz durch; nicht wegen, sondern

trotz des Neuen, das entsteht. Die Widersprüche und Fehler verdammen die

Bewegung nicht, sondern verurteilen sie dazu, bessere Antworten zur

Veränderung der Gesellschaft zu finden.

Gegenüber der nationalen Engführung der Gewerkschaften eröffnete die

Bewegung insbesondere mit #GlobalNuitDebout , einem globalen Aktionstag

am 15. Mai, einen transnationalen Horizont. Zeichnet sich darin der

Einstieg in einen neuen Kampfzyklus ab, der gegenüber der Standortlogik

der Herrschenden eine transnationale Solidarität verwirklichen kann und

eine Zeitlichkeit auf der Höhe des europäischen Herrschaftsprojekts

entwickelt?

Um mehr über die Entwicklungen und Perspektiven der Nuit-Debout-Bewegung

zu erfahren, haben wir den Aktivisten David Doell eingeladen, der die

Prozesse in Paris und an anderen Orten miterlebt und begleitet hat und

in verschiedenen Medien darüber berichtet hat.