Tatort Porz – Keine Stille nach dem Schuss

In Köln wird unter rassistischen Beleidigungen auf einen jungen Menschen geschossen. Aber tatverdächtig ist kein altbekannter Stiefelnazi, sondern das Ratsmitglied einer Partei, die sich als die „Mitte der Gesellschaft“ versteht, der CDU. 


Es zeigt sich also einmal mehr, dass das Bild einer guten, demokratischen Mitte, die nur bedroht wird von ihren Rändern, verschleiert, wie tief rassistisches Gedankengut und Ideologien der Ungleichheit in unserer Gesellschaft verwurzelt sind. 
Denn Hans-Josef Bähner, der Tatverdächtige in diesem Fall, ist nur ein Beispiel für den Extremismus der Mitte. 
Da ist CDU-Politiker Lorenz Caffier, der seine Waffen bei Neo-Nazis von Nordkreuz kauft und sich von ihnen ausbilden lässt. 
Innenminister Horst Seehofer, der sich „bis zur letzten Patrone“ gegen eine „Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme“ wehren will.
Oder der CDU Verfassungsschutz-Chef Thomas Haldenwang, der sich von einem rechtsextremen Leibwächter von Uniter schützen ließ – einer Gruppe, die bekannt dafür ist, Todeslisten politischer Gegner*innen erstellt zu haben.
Da ist die CDU in Sachsen-Anhalt mit ihrer Forderung die Union müsse „das Soziale mit dem Nationalen versöhnen“.
Und 75 Jahre nach dem Ende des deutschen Faschismus paktieren FDP und CDU in Thüringen mit einem Landesverband der AfD, der sich offen neofaschistisch und völkisch präsentiert. Das ist geschichtsvergessen und die Selbstentlarvung der vermeintlich Konservativen und Liberalen. Die Zusammenarbeit der vermeintlichen Mitte mit dem Faschismus ist eine tatsächliche Option. 
Wenn der SPD-Bürgermeister von Köln-Mülheim, Norbert Fuchs, die Keupstraße als „Problemstraße von Ausländern“ bezeichnet und als „Ghetto“ verunglimpft, dann bedeutet das einen weiteren Angriff auf die Opfer des Nagelbombenanschlags, ihrer Angehörigigen, Freund*innen und Nachbar*innen (und eine Behinderung des Gedenkens an die Verbrechen des NSU).
Wenn der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten“ die Gemeinnützigkeit entzogen wird, dann stellt sich die Frage, was als gemeinnützig gilt, wenn nicht alles dafür zu tun, sich gegen Rechtsextremismus und wiederkehrenden Faschismus zu wehren.
Wenn Männer wie der SPD-Innensenator von Berlin oder NRW-Innenminister Reul medienwirksam gegen Shisha-Bars vorgehen, dann signalisiert die sogenannte „Mitte der Gesellschaft“ genau jene Legitimation, auf die hunderte von Rassist*innen nur warten, um losschlagen zu können wie zuletzt in Halle, in Hanau oder Celle. 
Doch ob extreme Rechte wie der NSU morden oder die bürgerliche Mitte schießt – getroffen ist in beiden Fällen migrantisches und postmigrantisches Leben.
Die Betroffenengruppen und die antifaschistische Zivilgesellschaft versuchen dabei immer wieder zu vermitteln, dass keine Gewalttat vorhersagbar aber doch nicht überraschend ist. Seit Jahren wissen wir von den rechten Netzwerken, ihren Aufstandsfantasien und ihrer Gewaltbereitschaft. Doch weiter lädt Anne Will die AfD zu sich ins Studio, sprechen Medien von „verwirrten Einzeltätern“ oder schweigt sich  – wie in diesem Fall – die CDU aus, anstatt klar Position zu beziehen.
Das grundlegende Problem sind also nicht nur oder vor allem Neonazis, sondern der strukturelle, institutionelle, gesellschaftlich verwurzelte und bis in die Mitte der Gesellschaft legitimierte Rassismus. 
Deshalb muss gelten: Es kann keinen Frieden mit dem rassistischen Normalzustand geben!Wer nicht bereit ist diese rote Linie unmissverständlich zu ziehen, macht sich mitschuldig an Hetze und Mord. Jenseits dieser Linie stehen nicht nur die, die offen als Nazis zu ihrer Ideologie stehen – die Identitäre Bewegung, die Höcke-Fraktion oder PEGIDA. Da stehen auch die AfD, die Werteunion und Bähner, Maaßen, Reul und wie sie alle heißen.
Und dabei ist klar:    Wir dürfen uns nicht auf andere verlassen: Ziehen wir die rote Linie nicht selbst, wird es niemand tun. Es ist an uns gemeinsam jene Solidarität zu organisieren, die ihrer Hetze und Scharfmacherei die Stirn bieten kann. 
Menschenverachtende Parolen sind aus Hinterzimmern in Talkshows und Parlamente eingezogen. Mörderischer Rassismus ist kein Einzelfall. Neofaschist*innen greifen auf den Straßen wieder an.
Es ist Zeit, dass wir gemeinsam antifaschistische Grundlinien verteidigen. Nicht rechts zu sein, reicht nicht mehr. Nötig ist, gegen rechts zu kämpfen!