Shutdown Mietenwahnsinn, support #wirzahlennicht, enteignet Deutsche Wohnen & Co.!!!

Redebeitrag zum bundesweiten Aktionstag „Shutdown Mietenwahnsinn“ 20.06.2020.

Viele Mieter*innen stehen aktuell vor existenziellen Herausforderungen durch die Corona-Pandemie. Aufgrund von Kurzarbeit, ausbleibenden Aufträgen oder gar dem Verlust der Beschäftigung können bereits heute viele Mieter*innen ihre Miete nicht mehr bezahlen. Insgesamt nützt es wenig, dass die Bundesregierung einige Sofortmaßnahmen zur Beruhigung des Lage – wie das Kündigungsverbot bei coronabedingten Mietschulden – getroffen hat und große Wohnungskonzerne wie Vonovia und Deutsche Wohnen die Situation nutzen, um sich einen sozialen Anstrich zu verpassen. Spätestens wenn diese Regelungen auslaufen und die Menschen ihre Mietschulden plus Zinsen zurückzahlen müssen, droht eine neue Welle systematischer Verdrängung und Gentrifizierung. Das dürfen wir nicht zulassen! 

Die Erfahrungen aus der letzten großen Krise seit 2008 lehren uns, dass der deutsche Immobilienmarkt auch dieses Mal für Finanzinvestoren der sichere Hafen für überschüssiges Kapital werden könnte. Der Druck, Wohnungen in Betongold und unsere Städte in reine Anlagesphären zu verwandeln, steigt weiter – gerade weil kleinere Privatvermieter*innen infolge von Mietausfällen möglicherweise gezwungen sind, ihre Wohnungen und Häuser zu verkaufen. Wir fordern daher, um dem Mietenwahnsinn mit und ohne pandemische Zeiten einen Shutdown zu erteilen:

1. Wohnraum für alle! Die Corona-Pandemie macht die Forderung noch dringender: Leere Wohnungen müssen für diejenigen bereitgestellt werden, die sie benötigen. Im Hinblick auf Menschen ohne Obdach oder Geflüchtete in Lagern ist der Slogan #Stayathome zynisch, wir fordern stattdessen: #leavenoonebehind. Neben der Bereitstellung von Wohnraum muss zum Beispiel für Obdachlose und Geflüchtete menschenwürdiges Wohnen erst ermöglicht werden. Außerdem dürfen Menschen ihre Wohnungen nicht weg genommen werden! Wir fordern einen generellen Stopp von Zwangsräumungen!

2. Wir brauchen keinen sog. „Sicher-Wohnen-Fonds“, sondern die Krisenmiete! Mit dem von Immobilienunternehmen ins Spiel gebrachten Sicher-Wohnen-Fonds sollen Mieter*innen und der Staat für die ausbleibenden Einkünfte der Wohnungswirtschaft aufkommen und damit die massiven Mietsteigerungen, die die Lebenssituation von vielen Mieter*innen bereits vor der Krise massiv verschlechterten, finanzieren. Wir fordern wenn überhaupt einen Fonds, der nicht aus öffentlichen Geldern bezahlt wird, sondern aus den Gewinnen der profitorientierten Wohnungswirtschaft. Wir unterstützen außerdem die Forderungen nach einer sogenannten Krisenmiete, die bei Corona-bedingten Einkommensausfällen nicht gestundet, sondern reduziert wird.

3. Vergesellschaftung anstelle von staatlicher Unterstützung für große Immobilienkonzerne wie Vonovia und Co.! Wir fordern, das öffentliche Gelder nicht für die Sicherung von Profiten von börsennotierten Wohnungsunternehmen ausgegeben werden, die im gleichen Jahr hohe Dividenden ausschütten. Langfristig muss es darum gehen, Wohnraum dem Markt zu entziehen. Schon jetzt müssen die Weichen dafür gestellt werden. Öffentliche Gelder sollten in die kommunalen Wohnungsunternehmen und Genossenschaften für die Schaffung von bezahlbaren Wohnraum für alle fließen und für Vergesellschaftungen nach Art. 15 Grundgesetz eingesetzt werden! Dieser Artikel 15 besagt: „Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung in Gemeineigentum überführt werden.“ 

In den Auseinandersetzungen in Berlin zeigt sich, dass die Mehrheit der Leute von dieser Idee der Enteignung großer Wohnungsunternehmen überzeugt ist und es sich lohnt, hierfür Mieter*innen zu organisieren und beharrlich zu arbeiten! Lasst uns das als motivierendes Beispiel aufgreifen, um die GAG erst wieder komplett in städtische Hand und dann in demokratisch verwaltetes Gemeineigentum zu überführen und Vonovia, LEG und Co. auch im Westen unter Druck zu setzen!

4. Mietenstreiks und Organisierung! Die Organisierung von Mieter*innen und anderen Prekarisierten muss in Zeiten, in denen die Abwälzung der Krisenkosten auf uns, die Bevölkerung, droht, der Weg sein, eine kritische Masse für wirksamen Protest zu formen. Wir unterstützen deshalb auch das Bündnis „Wirzahlennicht“, das Mietausfälle einzelner Mieter*innen zusammenführt und zu kollektiven Mietprotesten formen will. 

Insbesondere in Köln haben wir bezüglich der Organisierung von Mieter*innen und Betroffenen viel zu tun! Weil unter anderen Beispielen öffentliche Plätze wie das Gereonsviertel privatisiert wurden oder der Kölner Stadtanzeiger Gentrifizierung als „erstmal nichts Schlechtes“ bezeichnen kann, müssen wir gemeinsam weiter daran arbeiten, Einzelfälle von Zwangsräumung, Modernisierung zur Mietsteigerung und Mietwucher zu politisieren und zusammen zu führen. Proteste und Demos wie heute sind wichtig. Um in die Offensive zu kommen, brauchen wir mehr Gemeinschaften wie Mieter*inneninitiativen und müssen Betroffene zusammen bringen, die in ihrer Erfahrung der Ungerechtigkeit auf dem Wohnungsmarkt geeint sind und dagegen vorgehen!

Als strategische Richtschnur für eine zukunftsweisende Wohnungspolitik sagen wir: „Die Eigentumsfrage und die (Un-)Möglichkeit, die bereits einkalkulierten Profite mit der Miete auch tatsächlich zu realisieren, berühren das Geschäft mit dem Betongold in seinem Kern. Höchste Zeit also, genau hier weiterzubohren und der Verwertungslogik und -praxis Sand ins Getriebe zu streuen.“

In diesem Sinne: Die Coronapause ist vorbei, machen wir uns an die Arbeit – gemeinsam, solidarisch, ungehorsam! Andiamo!