Solidarität mit den Angeklagten im Rahmen des Rondebargprozesses von G20

Immer wieder werden Menschen, die sich gegen die bestehenden Verhältnisse zur Wehr setzen, Repressionen ausgesetzt, mit Knüppeln und Wasserwerfern von den Straßen gejagt, angezeigt und teils mit Hilfe absurdester Konstruktionen vor Gericht gestellt. Es gibt ein neues Level an polizeilicher, rechtlicher, medialer und politischer Repression.

 

Wir sind solidarisch mit allen, die jetzt in den Fokus der staatlichen Repression geraten. Und wir werden für alle einstehen, die unter an den Haaren herbeigezogenen Vorwänden und konstrutierten Beschuldigungen vor Gericht gestellt werden.Ihr seid nicht alleine!Und euer Kampf ist unser Kampf.

Wir sind schockiert und zugleich wenig überrascht. Der Staat, die bewaffneten Apparate, die politischen und medialen Repräsentant*innen dieses Systems sind in den letzten Jahren zunehmend dazu übergegangen, linken Protest mit massiver Gewalt zu bekämpfen, ihn zu delegitimieren, ihn zu entpolitisieren, ihn mit rechtem Terror gleichzusetzen.

Die Repressions-Apparate werden zunehmend mit Waffen und immer mehr Befugnissen ausgestattet. Linke Cafes und Wohnprojekte werden in Polizeieinsätzen von bis an die Zähne bewaffneten Hundertschaften geräumt. Linke Vereine werden zu kriminellen Gruppierungen umgedeutet, verfolgt und an den Pranger gestellt. Linke Projekte, die den Kampf der YPG gegen den islamistischen Terror unterstützen oder selbst vor Ort mitkämpfen, werden verfolgt und teilweise an Erdogans Repressionsapparat ausgehändigt. 

Als Dankeschön für den heldenhaften Kampf gegen die islamistischen Mörderbanden, sitzen sie in türkischen Folterknästen. Die Bundesregierung hilft gerne dabei.

Diese ganze Zunahme von Repression und Verfolgung gegenüber emanzipatorischen Bewegungen findet in einem gesellschaftlichen Klima statt, in dem der Aufstieg der Rechten die Hassbotschaften liefert, die immer und immer wieder rassistische und antisemitische Mörder ermutigen zur Tat zu schreiten. Und nach jedem dieser Anschläge und der Zunahme der rechten Gewalt das Gefasel über die politischen Ränder beginnt, denn man dürfe ja die linke Gewalt nicht vergessen. In der jeder rechte Terrorakt als Möglichkeit genutzt wird, die Sicherheitsapparate mit Überwachungsbefugnissen auszustatten, die dazu dienen, den Status quo abzusichern. Ein Klima, in dem die Verrohung der bürgerlichen Gesellschaft sich etwa daran zeigt, wenn Leitmedien darüber sinnieren, ob man das mit der Seenotrettung nicht vielleicht doch lieber bleiben lassen sollte. Oder sich Innenminister hinstellen und sich über Abschiebungen nach Afghanistan als Geburtstagsgeschenk freuen.

Die herrschende Doppelmoral bei der Gewaltfrage lässt sich ganz aktuell beobachten, wenn wir den Blick in den Danneröder Wald richten. Ein Wald, der in Zeiten einer Klimakatastrophe dem Ausbau einer Autobahn weichen soll. Und in dem das brutale Vorgehen der Polizei für die Menschen, die versuchen ein Stück Wald mit den Mitteln der Baumbesetzung zu retten, Lebensgefahr bedeutet. Selbst schuld, hallt es denjenigen entgegen, die sich dieser sinnlosen Zerstörung entgegenstellen. Wie im Hambacher Forst, in der die Polizei Besetzer:innen ins Krankenhaus prügelt für die Profitinteressen eines Energiekonzerns. Selbst schuld, wenn die Bullen euch in Lebensgefahr bringen, weil ist ja nicht legal.

Ja, lasst uns über Gewalt reden. Wie wärs mit der Bullen-Randale in Hamburg bei G20?Wieviel Videomaterial gibt es mit eindeutig erkennbaren brutalen Prügelattacken gegen Demonstrierende, gegen Journalist*innen, gegen Menschen, die zufällig da irgendwo standen? Wieviele Anklagen gabs? Wieviele Polizisten landeten vor Gericht? Ganz genau. Kein einziger.Und Hamburg ist da keine Ausnahme.

Die selben Polizisten, die knüppeln können, als ob sie nie im Leben etwas anderes gemacht hätten, haben dann plötzlich keinen blassen Schimmer, was sie tun sollen, wenn Reichsbürger, Rechtsradikale, Nazi-Hools vor ihnen stehen. Vielleicht haben sie ja vorher in irgendwelchen Chatgruppen noch gemeinsame Witzchen gemacht.Die selbe Polizei, die in bestimmten Stadtteilen ständig aufkreuzt, um Leuten mit dunkler Hautfarbe auf den Senkel zu gehen, sie häufiger kontrolliert, verdächtigt, festnimmt. Die selbe Polizei fühlt sich dann unendlich schlecht behandelt, wenn man über Rassismus bei der Polizei sprechen will und ist zutiefst beleidigt, dass jemand überhaupt nur auf die Idee kommen konnte über Rassismus bei der Polizei sprechen zu wollen. Ja, manche in dieser Gesellschaft trifft die Ungerechtigkeit sehr hart.  

Rassistische Ausgrenzung, racial Profiling, Tote durch Polizeigewalt.Ja, lasst uns auch über Straftaten reden – Ouri Jalloh? das war Mord!Niemand steht vor Gericht. Alles geht seinen Lauf. Als ob nicht jemand in seiner Zelle gefesselt, misshandelt, angezündet und dann Spuren verwischt wurden.Polizei braucht hier nichts zu befürchten. Nein, ganz andere Leute stehen vor Gericht.
Lasst uns auch über Beihilfe zu Straftaten, Unterstützung beim Aufbau von kriminellen, sogar rechts-terroristischen Netzwerken sprechen. Lasst uns darüber reden.Lasst uns über den Verfassungsschutz sprechen.

Wie kann das alles wirklich passiert sein, ohne dass Verantwortliche vor Gericht gestellt und für viele Jahre ins Gefängnis gesteckt werden? Und wer steht stattdessen vor Gericht und für was?

Es ist nicht nur die Repression und die Verfolgung von politischen Aktivist*innen. Diese ganze Gesellschaftsform baut auf Gewalt und Unterdrückung. 

Wenn die EU-Außengrenzen zu Todeszonen werden und wissentlich in Kauf genommen wird, dass Menschen auf der Flucht vor Krieg, Terror und Perspektivlosigkeit, ertrinken, das ist Gewalt.Lager, wie Moria, sind Gewalt. Dort, wo Menschen unter katastrophalen Bedingungen, ohne sanitäre Anlagen über Monate zusammengepferscht leben müssen. Wenn die Hotels leer stehen, während Geflüchtete eng gedrängt in Massenunterkünften leben müssen und Social Distancing wie blanker Hohn klingt, ist das Gewalt.

Wenn Menschen auf die Straße gesetzt werden, weil sie ihre Miete nicht mehr zahlen können, wenn ihnen der Strom abgedreht wird, weil das Geld am Ende des Monats nicht reicht, dann ist das Gewalt. 

Waffenlieferungen an Saudi-Arabien und an die Türkei, die wiederum damit islamistischen Terror in aller Welt unterstützen, sind Gewalt.

Die Kriege für Rohstoffe und Absatzmärkte sind Gewalt.

Wenn Frauen, die Schutz suchen, vor geschlossenen Frauenhäusern stehen, weil für solcheAnliegen angeblich kein Geld da sei, das ist Gewalt. Das verstärkt die Gewalt, der diese Frauen Tag für Tag ausgesetzt sind. Und die wenigen Anlaufstellen, die es noch gibt, kämpfen oft ums finanzielle Überleben und leben immer mit der Sorge, sie könnten die nächsten sein, die geschlossen werden. 

Wie unser ganzes Leben und unser ganzer Alltag kapitalistischer Profitlogik untergeordnet wird. Das herrschende System ist Gewalt. Kapitalismus ist Gewalt.

Deswegen stehen wir heute nicht nur in Solidarität mit den Angeklagten hier. Wir stehen heute und auch morgen mit allen weltweit in Solidarität, die für eine lebenswerte Zukunft für alle in Opposition zu den bestehenden Verhältnissen stehen, verfolgt werden, geknüppelt werden und wieder aufstehen und weitermachen. 

Mit ihrer Repression versuchen sie uns umzuwerfen und zum Schweigen zu bringen, uns einzuschüchtern. Und manchmal gelingt ihnen das auch. Aber einer Sache können sie sich gewiss sein. Wir werden immer wieder aufstehen. Wir werden uns ihrer Gewalt entgegenstellen und unsere Stimme erheben. Wir sind getrieben von der rebellischen Hoffnung auf ein Ende der Gewalt.